Frankfurt Notes – Investorentage: Impressionen aus der Hochsaison

Der Zeitraum von Mitte November bis Mitte Dezember – also nach den Q3-Mitteilungen bis etwa zum dritten Advent – hat sich als Hochsaison der Investorentage fest etabliert. In diesem Jahr haben sich noch mehr Unternehmen ihren Platz im Kalender gesichert. Warum das so ist? Dafür sprechen Nachholeffekte nach dem veranstaltungsarmen Jahr 2020 und das auch pandemie-bedingt besonders hohe Maß an Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Unternehmen. Zudem sehen wir längerfristige, strukturelle Gründe: Die Sell-Side erodiert und eingespielte Multiplikatoren der Equity Story fallen damit weg. Virtuelle Konferenzformate haben sprunghaft an Akzeptanz gewonnen. Unsere sechs Beobachtungen und Schlüsse nach drei Wochen voller Investorentage:

Die Gegenwart ist virtuell. Rein virtuelle Events sind der voll akzeptierte Veranstaltungsstandard in der Pandemie. Standen Kameras bei Vor-Ort-Veranstaltungen der Vergangenheit irgendwo am Rand, so dominieren nun aufwändig konzipierte, virtuelle Settings. Die Online-Zuschauer sind zu vollwertigen Teilnehmern der Veranstaltung geworden. Hierzu gehört die gleichwertige Fragemöglichkeit und insbesondere die Chance, eigene Fragen selbst live vorzutragen – um damit einer willkürlichen Entschärfung von schriftlich eingereichten Fragen vorzubeugen. Die Pflicht ist die Einwahloption per parallel aufgesetzter Telefonkonferenz. Die Kür ist die Zuschaltung der Fragenden per Videokonferenz – mit virtueller Bauchbinde, die Name und Institution der Fragenden zeigt.

Die Zukunft wird hybrid. Nur wenige Veranstaltungen fanden Mitte November mit Vor-Ort-Teilnehmern statt. Diese fanden nach unserer Beobachtung aber hohes Interesse, selbst von auswärtigen Teilnehmern. Dies spricht für den Wert, den Teilnehmer dem Plausch mit dem Management in den Konferenzpausen oder bei der Vorabendveranstaltung beimessen. Ein klarer Fingerzeig für das erwartbare Teilnehmerverhalten im kommenden Jahr und darüber hinaus.

Neue technische Möglichkeiten nutzen. Auch große und komplexe Unternehmen folgen der digitalen Best Practice, virtuelle Veranstaltungen auf maximal drei Stunden zu begrenzen. Vorab aufgenommene Präsentationen werden häufig genutzt und reduzieren die Fehlergefahr gegenüber früheren reinen Live-Veranstaltungen. Noch nicht überzeugend aus unserer Sicht: Abläufe bleiben überwiegend sehr nah an früheren Präsenzformaten – und die Möglichkeiten filmischer und multimedialer Beiträge werden noch nicht ausgeschöpft. Ein abwechslungsreiches, unterhaltsames Programm bindet Zuschauer vor dem Bildschirm und erhöht damit auch die Chance, Inhalte erfolgreich zu platzieren.

Barrieren abbauen – keine Mauern errichten. Ein Investorentag richtet sich vornehmlich an die institutionellen Anleger und Sell-Side-Analysten, die professionell einer Aktie folgen und Fragen stellen dürfen. Die Botschaften sind aber auch für Privatanleger, die Medien oder andere Stakeholder wie Kunden, Mitarbeiter und NGOs von Relevanz. Wer etwa Privatanlegern das Live-Zuschauen verweigert, sendet ein problematisches und unnötiges Signal der Geringschätzung. Aktienkurse entwickeln sich live und nicht im Replay. Eine zum Veranstaltungsbeginn versandte Unternehmensmitteilung erhöht die Transparenz für alle Zielgruppen und erlaubt, die ersten Akzente für Meldungen und Marktresonanz zu setzen.

Die ESG-Welle rollt. Seien Sie nicht überrascht, wenn Ihnen altgediente (hellhäutige, männliche) Analysten plötzlich Fragen nach der Diversität im Vorstand stellen. Die ESG-Welle rollt unaufhaltsam. Den schwierigen quantitativen Teil der ESG-Aufgabe kann ein Investorentag nicht lösen. Er gibt aber Raum für die Vision und die Ernsthaftigkeit, mit denen ein Management-Team das Thema angehen möchte. Gelegentlich steht ESG in den Präsentationen noch sehr am Rand, wirklich darauf verzichten kann keiner mehr.

Ziele glaubwürdig und nachvollziehbar machen. Neue Mittelfrist-Ziele bildeten in der bisherigen Investorentag-Saison eher die Ausnahme. Wir sehen unsere These allerdings durchaus bestätigt: der Markt reagiert insbesondere freundlich, wo neue Ziele durch nachvollziehbare KPIs und/oder realistische Segmentziele untermauert werden.

Sie planen Ihren Investorentag und suchen Projektunterstützung? Ob einzelne Module – wie Präsentation, Lektorat oder Management Coaching – oder Komplettpaket, sprechen Sie uns gerne an.